Anderthalb Jahre nach Kriegsende stand Matwej Sergeew in seiner Heimat vor dem Oberermittler der Staatssicherheit des NKWD. Sergeew war schon vier Wochen nach dem Überfall auf die Sowjetunion in Gefangenschaft geraten und hatte danach viele Lager und Arbeitskommandos durchlaufen. Kurz vor Kriegsende wurde er in der Nähe von Berlin von der Roten Armee befreit, noch in ein Reserveregiment aufgenommen und konnte im Oktober 1945 in seinen Geburtsort im Permer Gebiet zurückkehren. Detailliert wurde er im Rahmen der Filtration zu seiner Vorkriegsbiografie, seiner Familie, seiner Gefangenschaft und zu seinen Kontakten befragt.
UdSSR
Volkskommissariat des Inneren
Verwaltung der Staatssicherheit des Swerdlowsker Gebiets
Protokoll der Vernehmung
17. Januar 1947.
Ich, der Oberermittler der Otscherskij Bezirksabteilung des Ministeriums der Staatssicherheit, Leutnant Mitschnow, vernahm als Angeklagten
1. Nachname: Sergeew
2. Name und Vatersname: Matwej Tarasowitsch
3. Geburtsdatum: 1915
4. Geburtsort: Dorf Tretjaki, Otscherskij Bezirk
5. Wohnort: am gleichen Ort
6. Nationalität und Staatsangehörigkeit: Russe, Bürger der UdSSR
7. Pass: ich habe keinen Pass
8. Beruf: Traktorist in der Kirow-Kolсhose
9. Soziale Herkunft: Kleinbauer
10. Sozialstatus: a) vor der Revolution - Kleinbauer; b) nach der Revolution - Kleinbauer
11. Familie: Frau - Sergeewa Irina Pawlowna, 35 Jahre, Arbeiterin in der Kolchose; Mutter - Sergeewa Elena Matweewna, 82 Jahre, arbeitet nicht mehr; Sohn - Walerij, 5 Jahre.
12. Ausbildung: 4 Schulklassen
13. Parteiangehörigkeit: parteilos
14. Welcher Art von Repressalien ausgesetzt (Verurteilung, Verhaftung usw.): a) vor der Revolution - keine; b) nach der Revolution - keine
15. Auszeichnungen bei der Sowjetmacht: Medaille für den Sieg über Deutschland
16. Kategorie und Ort der militärischen Registrierung: Otscherskij Bezirksmilitärkommissariat
17. Wehrdienst in der Roten Armee: vom 1937 bis November 1940 in der Artillerietruppe 4424 in der Stadt Kalinino
18. Wehrdienst in Weißen und anderen konterrevolutionären Armeen: keine
19. Teilnahme an Banden, konterrevolutionären Organisationen und Aufständen: keine
20. Informationen über soziale und politische Aktivitäten: keine
Frage: Sagen Sie mir ausführlich, unter welchen Umständen Sie von den Deutschen gefangen genommen wurden?
Antwort: Ich war in der Militäreinheit Nr. 1816 oder 1618, Truppengattung - 152-mm-Artillerie, die sich im Stadium des Rückzugs befand. Am 20. Juli 1941 umringten uns die Deutschen, mit all unserem Einsatz konnten wir die Einkreisung nicht durchbrechen. Am 22. Juli 1941 wurden wir von den Deutschen gefangen genommen. Zusammen mit mir wurde Pepeljaew Artemij Safonowitsch aus dem Dorf Kiprino im Bezirk Otscherskij gefangen genommen. An die anderen erinnere ich mich nicht.
Frage: In welchen Lagern wurden Sie festgehalten und was haben Sie in der deutschen Gefangenschaft getan?
Antwort: Als wir in der Stadt Sebezh in der Region Kalinin gefangen genommen wurden, befanden wir uns ungefähr zwei Tage in einem Kriegsgefangenenlager. Am 25. Juli 1941 wurde ich in einem Zug nach Ostpreußen in ein Durchgangslager geschickt, ich erinnere mich nicht an dessen Namen. Am 27. Juli 1941 wurde ich in die Stadt Thorn, Kriegsgefangenenlager Nr. 312, geschickt. Wir haben nichts getan. Es dauerte ungefähr 15 Tage. Dann wurden wir in die Stadt Danzig (Deutschland) versetzt. Wir kamen im Lager 312 (Abteilung) an. Wir blieben zwei Tage dort, dann schickten sie uns in ein Arbeitslager, ich erinnere mich nicht an den Ort. Wir arbeiteten hier etwa 8 Monate an der Ausrüstung einer Eisenbahnlinie. Ungefähr Anfang März 1942 kamen wir in der Stadt Oranienburg an, wurden in einem Kriegsgefangenenlager untergebracht, arbeiteten im Wald und bauten Straßen - Autobahn. Wir blieben bis Juli 1942 in diesem Lager. Dann wurden wir in das Lager in Stolp gebracht, machten Landarbeiten und bauten eine Art Baugrube. Wir waren ungefähr 5 Monate dort. Danach wurden wir in das Lager Stolpmünde (Deutschland) geschickt, um Erdarbeiten durchzuführen. Wir waren ungefähr 6 Monate in diesem Lager. Im April 1943 wurde ich in das Lager Hennigsdorf (Deutschland) verlegt, wo wir einen Luftschutzbunker gebaut haben. Wir waren dort ca. 7 Monate. Dann wurden wir in das Lager in Klinickie [Glienicke?] geschickt und machten Erdarbeiten. Hier wurden wir am 22. April 1945 von der Roten Armee befreit. An demselben Ort wurde ich vom "Smersh" verhört und in das Reserveregiment 227 aufgenommen, wo ich am 7. Mai 1945 den Eid ablegte. Am 9. Mai 1945 wurde ich in die leichte Artillerieeinheit Nr. 1643 eingeschrieben, von dem ich am 10. Oktober 1945 demobilisiert wurde. Dann kam ich am Geburtsort an.
Frage: Nennen Sie die Personen, die mit Ihnen in Gefangenschaft der Deutschen waren?
Antwort: Mit mir war in denselben Lagern: Sebezh, Ostpreußen, Thorn, Danzig - Pepeljaew Artemij Safonowitsch aus dem Dorf Pesjany im Bezirk Otscherskij. Und in den Lagern Stolpmünde, Klinickie waren auch mit mir Noga Andrej Nikitiewitsich, geboren 1915, gebürtig aus der Region Kiew, Bezirk Obukhovsky, dem Dorf Obukhovo, Kustow Nikolaj Petrowiich, geboren ca. 1911, gebürtig aus der Region Wologda, Bezirk Sokolovsky, Stadt Kodnikov.
Frage: Wurden Sie während Ihrer Gefangenschaft von der Gestapo zum Verhör aufgefordert?
Antwort: Nein.
Frage: Was können Sie Ihrem Zeugnis noch hinzufügen?
Antwort: Ich kann nichts hinzufügen.